Die Polizei setzte am 01.Mai 2016 im Bochumer Bermudadreieck ca. 300 Menschen über Stunden fest. Es wurden alle Eingekesselten erkennungsdienstlich behandelt und Strafanzeigen u.a. wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, Landfriedensbruch und Körperverletzung angedroht. Einige wurden vom Bemudadreieck zum Polizeipräsidium gefahren und dort erkennungsdienstlich behandelt. Dieser Artikel richtet sich an alle, die von dieser oder einer anderen Maßnahme der Polizei bei den Gegendemonstrationen zum NPD-Aufmarsch am 01.05. betroffen waren.
Step One: Gedächtnisprotokoll anlegen
Ob die Polizei ihre Drohungen wahr macht und in ein paar Wochen tatsächlich über 300 Anzeigen rausschickt müssen wir abwarten. Aber für den Fall dass Ihr eine Anzeige bekommt solltet Ihr Euch jetzt ein Gedächtnisprotokoll anlegen. Durch dieses könnt ihr die Geschehnisse wieder schnell rekonstruieren, sollte diese Sache juristisch weitergehen. Wie ein Gedächtnisprotokoll aussehen kann könnt ihr hier nachlesen. Das Protokoll an sich ist nur für Euch, Ihr könnt aber wenn Ihr wollt Eure Erfahrungen mit Antirepressionsgruppen, die die Vorfälle aufarbeiten wollen teilen.
Was kann jetzt passieren?
Im besten Falle passiert gar nichts, denn ihr habt ja nichts falsch gemacht. Ihr habt Euer Recht auf Demonstration wahr genommen. Es steht also außer Frage, dass die Polizei hier völlig überzogen reagiert hat und die Maßnahme des Festsetzens rechtlich nicht haltbar bleiben wird. Daher könnte es passieren, dass ihr nie wieder was von der Sache hört.
Es kann aber durchaus auch passieren, dass die angedrohten Anzeigen verschickt werden. Dann heißt es: Don’t panic. In Deutschland gilt der Rechtsgrundsatz dass Euch der Verstoß gegen ein Gesetz nachgewiesen werden muss und zwar jeder einzelnen Person. Eine anwaltliche Vertretung solltet Ihr euch natürlich trotzdem nehmen und diese Vertetung sollte unbedingt Akteneinsicht nehmen, um überhaupt erstmal zu erfahren, was genau los ist. Mit einer Anzeige verbunden ist immer die Einladung ins Polizeipräsidium zu kommen und sich dazu zu äußern. Ein Rat, der auf jahrelanger Erfahrung beruht: Geht nicht hin. Ihr wisst ja noch überhaupt nicht genau, was los ist. Und ja, es kann und wird jedes Wort gegen Euch verwendet werden. Daher ist wild drauf los plappern nicht wirklich hilfreich und kann im Zweifelsfall nur schädlich sein für Euren Fall. Als Beschuldigte Person hat man immer das Recht zu schweigen, ihr macht also nichts falsch oder verpasst eine Gelegenheit, Euch zu verteidigen.
Aufgrund der Lage ist es zwar unwahrscheinlich, aber vielleicht verschickt die Staatsanwaltschaft auch Strafbefehle. Diese einfach so hin zu nehmen bedeutet, dass Ihr Euch ohne Gerichtsverhandlung verurteilen lasst. Deswegen solltet ihr von dem Recht Gebrauch machen, Widerspruch ein zu legen. Das geht formlos und muss innerhalb von 14 Tagen geschehen. Danach heißt es dann ebenso wie oben: Eine Anwältin nehmen, Akteneinsicht beantragen und alles in Ruhe durch sprechen. Nach dem Widerspruch wird dann entweder eine Hauptverhandlung vor Gericht eröffnet oder die Vorwürde werden ohne Verhandlung fallen gelassen.
Solidarität ist eine Waffe – einzeln beschuldigt, gemeinsam reagieren!
Dieser Fall hat natürlich nicht nur eine Dimension der Problematik für jede einzelne Person in dem Kessel, sondern auch eine politische Dimension. Die gesamte Maßnahme der Polizei überhaupt war politisch motiviert: Man möchte euch in Zukunft gerne davon abhalten Nazidemos zu blockieren. Wir hoffen natürlich, dass die Abschreckung nicht zieht und wir uns in Zukunft wieder alle gemeinsam gegen Nazis stellen werden. Dies klappt am besten, wenn wir alle zusammen agieren und die Repressionsmaßnahmen verarbeiten. Sollte es zu Gerichtsverhandlungen kommen wäre zum Beispiel eine gemeinsame Prozessstrategie eine Möglichkeit. So wurde in der Vergangenheit schon die Mehrheit der von Massenmaßnahmen Betroffenen frei gesprochen oder die Verfahren wurden eingestellt. Meldet Euch bei uns, wenn Ihr an sowas Interesse habt.
Wir möchten hier auch noch mal auf das Beratungsangebot der Roten Hilfe in Bochum verweisen, wo ihr juristische Fragen ansprechen könnt.